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Fluglärminitiativen kritisieren die Verspätungszahlen: „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer!“

Die Bürgerinitiativen und Vereine für Klima- und Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein können sich dem „Freudenchoral“ über den Rückgang der nächtlichen Verspätungszahlen im Luftverkehr in Hamburg nicht anschließen und kritisieren die Leichtfüßigkeit der Erfolgsmeldungen von Flughafen und Senat. 

Die Relativierung und zunehmende Akzeptanz eines sehr hohen Belastungsniveaus an derartigen Flugbewegungen außerhalb der offiziellen Betriebszeit nach 23 Uhr durch die Verantwortlichen in Politik, Verwaltung und Luftverkehrswirtschaft begründet die besondere Kritik der Betroffenen. Mit unzulässigen Vergleichen und Mittelungen ist es insbesondere der Flughafen, der das steigende Übermaß verharmlost. In der Fachwelt wird dies als Shifting Baseline bezeichnet. 

Hierzu erklärt Martin Mosel vom Initiativkreis Klima- und Fluglärmschutz im Luftverkehr:
„Bei aller Euphorie muss man doch schauen, wo wir in den Verspätungszahlen herkommen. Das absolute Malusjahr 2018 als Vergleich heranzuziehen und sich auf einem weiterhin zu hohen Niveau in Freude auszuruhen, ist unseriös und respektlos gegenüber den Betroffenen von nächtlichem Fluglärm. Der anzuerkennende Rückgang der nächtlich verspäteten Starts und Landungen außerhalb der offiziellen Flughafen-Betriebszeit infolge einfacher Managementmaßnahmen zeigt deutlich, dass derartige Flüge vermeidbar sind. Nach der Flughafenordnung sind vermeidbare Verspätungen nach 23 Uhr jedoch unzulässig. An den Flughafen ist die Aufforderung gerichtet, dem eigenen Regelwerk und den weiteren Schutzvorschriften wieder die erforderliche Geltung zu verschaffen und wesentlich strenger als bisher mit dem Hausrecht umzugehen.“

Für Susanne Reymann von der Norderstedter Interessengemeinschaft für Fluglärmschutz (NIG) bedeutet der Rückgang der Verspätungszahlen noch kein Lichtblick im Dunkel der Belastungshochstände: „Die durchaus positive Entwicklung der nächtlichen Störungen im Flugverkehr gegenüber 2018 ist gerade vor den anstehenden Sommerferien doch nur eine bittere Beruhigungspille für die fluglärm- und dreckgeplagten Bürger in Norderstedt und dem südlichen Schleswig-Holstein, denn die Monate mit den meisten Verspätungen kommen noch. Mit den bis heute 308 Regelverstösse im nächtlichen Luftverkehr bedarf es keiner Belobigung, denn noch immer steigt die Anzahl der Verspätungen kontinuierlich seit 2010. Ein innerstädtischer Flughafen bedeutet immer Konfliktpotential und muss zum Schutz der Menschen Einschränkungen hinnehmen. Hierzu gehört eine konsequente Umsetzung der Nachtruhe.“

Auch für Werner Kleinschmidt von der Initiative gegen Fluglärm im Hamburger Westen (IFL) lenken solche „Erfolgsmeldungen“ vom eigentlichen Problem ab: „Eine Eindämmung der Verspätungen scheint grundsätzlich möglich zu sein. Doch es gibt noch immer viel zu viele. Der Vergleich mit 2018 ist unzulässig, da in diesem Jahr ein Rekord an Verspätungen aufgestellt wurde. Das eigentliche Problem ist das Flugaufkommen in Hamburg, das auch ohne Verspätungen definitiv zu hoch ist. Verspätungen müssen wie selbstverständlich konsequent und generell unterbunden werden, dann bedarf es auch keiner Erfolgsmeldungen.“

Die Luftverkehrswirtschaft erwartet auch für das Jahr 2019 ein erneutes Verspätungschaos. Befördert wird dies durch das ungeregelte Wachstum bei den Flugbewegungen im deutschen Luftraum. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) geht von einer weiteren Steigerung um bis zu 4 Prozent aus.

„Das System Luftverkehr ist völlig überhitzt und weitere Kapazitäten werden in unverantwortlichem Ausmaß hineingepumpt. Das Ergebnis ist eine zunehmende Anzahl von nächtlichen Starts und Landungen, als Auswuchs dieser kapazitären Überlastung“, resümiert Mosel.

Foto: Markus Spiske auf Unsplash

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